In your hometown a 10, in LA a 4.
Ist ein bekanntes Sprichwort aus Los Angeles. Ursprünglich konkret bezogen auf die Schauspielkunst und
die Oberflächlichkeit des Aussehens von Menschen. Das Prinzip dahinter lässt sich jedoch
verallgemeinern. Es bedeutet ja nichts anderes, als dass in einem kleinen lokalen Markt die Konkurrenz
geringer ist, der lokale Marktführer aber im globalen Markt nicht mehr als Benchmark wahrgenommen
wird und dem Exzellenz-Wettbewerb an der Spitze standhält.
Dies ist ein universelles Prinzip. Egal ob es sich im klassischen Sinne um das schönste Mädchen der
Schule, den coolsten Jungen der Stadt, den größten Paradiesvogel der Region, den Personaldienstleister,
das Architekturbüro, das Fast Food Restaurant oder die Künstlerin handelt. Alle stehen außerhalb ihres
Heimatmarktes in Konkurrenz zu all den anderen lokalen Marktführern und den schon bestehenden
global-playern.
Ästheten und Kunsttheoretiker haben lange gehadert und hadern immer noch mit der Kunst in den
künstlichen Bildern. Einem in Öl auf Leinwand gemalten Beeple wird ein ähnlich starker Einschlag auf
dem Kunstmarkt zumeist abgesprochen. Es entstand oft der Eindruck, das sich nicht Kunst verkaufte,
sondern handwerkliche Erstanwender einer neuen Arbeitsmethode ihre Produkte auf dem Markt zu Alleinstellungspreisen anbieten konnten. Und dieses Alleinstellungsmerkmal war stark technisch-
handwerklich geprägt. Das fand zwar auf dem globalen Markt statt, aber es war eine kleine Gruppe.
Das handwerkliche Alleinstellungsmerkmal ist in weiten Teilen, mit den teils kostenlos zur Verfügung
stehenden KI-Bilder-Tools, gefallen. Was wir erleben ist eine Hyper-Wettbewerbssituation, in der jede,
jeder und jedes die/der/das diese Tools nutzt am globalen Markt teilnehmen kann und Dank (oder
Undank) einiger Algorithmen auch tatsächlich teilnimmt.
Das bedeutet aber eben nicht, wie von den immer und überall schnell zur Verfügung stehenden
UntergangsprophetInnen ausgerufenen Ende. Ja!, es findet eine wahre Sintflut an KI-Bildern sekündlich
seinen Eingang in das Internet und das daran hängende Publikum. Doch genau das ist die Situation, die
altdeutsch gesprochen: die Spreu vom Weizen trennt und Hometown 10 ́s zu globalen 4 ́s und weniger
macht. Qualität hat über Zeit die Eigenschaft anerkannt zu werden. Im Falle von vielen Künstlern leider
erst oft nach deren Tod, nichts desto trotz, setzt sich ihre Qualität über die Zeit hinweg durch.
Wie definiert sich diese Qualität im Hinblick auf KI-Kunstwerke?
Natürlich gibt es auch hier eine technische Qualität, die analog zu einer akademischen Malweise zu
betrachten ist. Wer möchte sehr viel Geld dafür ausgeben, dass an seiner Wand auf einem Monitor etwas
gezeigt wird, was in 2K aufgezeichnet wurde oder das Übergänge in der Bewegung ruckartig zeigt. Nur
um mal die offensichtlichsten handwerklichen Standards anzusprechen.
Bei allen ästhetischen und theoretischen neuen Möglichkeiten für Kunst als solche in Form von KI-
Erzeugnissen, empfinden wir als die spannendste Frage und Themenkomplex jedoch die Auseinandersetzung mit dem was uns als Menschen ausmacht. Und das gerade, weil die KI zwar
einerseits Teil von uns ist – wir, der menschliche Geist hat sie ja geschaffen – und sie andererseits doch
losgelöst von uns und eigenständig agiert. Vielleicht erweist sie sich noch als der schärfste aller Spiegel,
den wir je geschaffen haben auf die Frage: Wer bin ich?
Think global, act local war das Motto der Generation X. Kommen wir also auf den Boden der Tatsachen
des lokalen Marktes zurück. Welche Auswirkungen hat KI auf die anderen schon bereits bestehenden
Kunstformen?
Lagerräume und Museen können zwar von Leuten, die es zu etwas gebracht haben, wohl immer neu
gebaut werden, doch der Platz an der heimischen Wohnzimmerwand von Otto Normal und Sophia
Musterfrau bleibt nun mal begrenzt. Natürlich konkurrieren hier die alten klassischen Kunstformen von
Malerei und Skulptur mit den Monitoren der KI. Verschärfter Wettbewerb wird sich auch im Preisgefüge
sichtbar machen. Aus einem Ölgemälde das vorher als eine 6 gehandelt wurde, wird eine 5. Preislich
werden wir hiervon direkt erst einmal nicht viel merken, dank sei dem neuen Zeitalter der Inflation. Aber
der Werterhalt wird leicht abgewertet.
Jedoch ergeben sich auch neue vorher nicht bestehende Möglichkeiten für die klassischen Formen der
Kunst. Ein erfolgversprechendes Feld, in das auch wir einen Teil unserer Ressourcen investieren.