Na klar, das Offensichtliche sind die Gedanken, Gefühle, Erfahrungen die in den Büchern vermittelt werden und mein eigenes Leben bereichern und mich auch hoffentlich zu einem besseren Menschen gegenüber meinen Mitmenschen machen.
Und natürlich das andere Offensichtliche: das Wissen und die Kultur, ohne die keine Zivilisation existieren und vor allem nicht prosperieren kann.
Und eigentlich ist Lesen ja zumeist in unserer heutigen Zeit ein stiller Akt. Außer mit unseren Kindern. Ab dem Teenageralter wird es ja immer weniger, aber umso schöner, wenn man noch mal als Familie gemeinsam laut liest. Und vor allem interessant. Da es einem doch viel über seine Kinder und ihren Entwicklungsstand beibringt und oft auch angenehm überrascht, wie weit und manchmal auch besser als wir selber sind.
Was mir als Händler gefällt sind die anderen Bibliophilen und die Geschichten, die man zusammen erlebt – bis auf eine Ausnahme, aber zu der kommen wir später.
Natürlich habe ich nicht jedes Buch gelesen, dass wir hier verkaufen, aber bei vielen habe ich zumindest rein gelesen oder ein anderen Buch zu diesem oder einem ähnlichen Thema. Ja Ja, die Fachdiskussionen, sie sind eigentlich nur erster Anlaufpunkt und selbstverständlich hat jeder seine eigene Meinung und Fachwissen dem anderen voraus. Letzteres ändert fast immer trotzdem nichts an der Ersteren beim Anderen. „Agree to disagree“ wie es im englischen heißt. Ist das nicht schön, dass es um Worte und Inhalte geht – und manchmal um das eigene Ego. So friedlich. Und man redet das nächste mal einfach weiter. Plato hat uns jedoch schon gelehrt, dass die Welt leider nicht auf diesem Level funktioniert und die Gelehrtenrepublik eine Dystopie wird.
Trotzdem beschert mir und uns der Buchhandel einfach nur schöne Erlebnisse und das Kennenlernen von vielen sehr liebenswürdigen Menschen (die mich Proto-Misanthrop dann doch immer wieder milde stimmen und auf diesem Level verharren lassen).
Sei es dass wir ein perfektes Geschenk finden und später ein Feedback dazu. Ok. Ihr wollt ein Beispiel Aufgabe: Schwester heiratet einen absoluten Motorenfreak. Klar hatten wir das passenden Buch, frisch aus den 60ern: „Was Frauen über Männer und Motoren wissen sollten“. Laut Feedback, das Geschenk, das am Besten angekommen war und das jeder Hochzeitsgast unbedingt einmal selber anschauen wollte. Oder heute ein direktes Feedback. Ein freudestrahlender Herr kam aus dem Bücherzimmer mit ein paar Büchern. Aber sein Herz ging über ein Buch auf: „Das suche ich jetzt seit 35 Jahren. Ein Lehrer hatte es mal mit in den Unterricht gebracht und wir haben alle schrecklich viel gelacht. Ich habe es immer wieder versucht im Internet zu finden, aber ich wusste einfach den Titel nicht mehr.“
Da geht es einem einfach nur gut, einen Menschen so glücklich gemacht zu haben.
Um die Aufmerksamkeitsökonomie nicht zu überspannen ein letztes Beispiel. Ein älterer Herr fragte mich, ob ich nicht zufälligerweise ein Buch über eine Region in Ostpreußen haben würde. Hatte ich, sogar zwei!! Beide sogar ziemlich günstig, aber ich bringe es einfach nicht übers Herz an solchen geschichtsträchtigen Büchern vorbeizugehen und nehme mich ihrer gerne an, bis sie ihren nächsten Besitzer gefunden haben. Ein paar Wochen später bekam ich einen Anruf. Die beiden Bücher waren das beste Geburtstagsgeschenk für seinen Onkel. In beiden wurde sogar ausführlich über das Dorf berichtet, in welchem der Onkel vor dem Krieg seine Kindheit verbracht hatte und es war sogar ein Foto seiner Straße drin. Der Onkel hätte seinen Geburtstag sehr genossen.
Selbst wenn man dann nur 5€ an zwei Büchern verdient hat, macht es einfach Spaß und einen selbst glücklich.
Eigentlich ein Happy End. Ich sollte aufhören. Aber wir sind ja nicht im Groschenroman und ein paar Taler müssen auch wir verdienen. Und da kommt dann leider die oben erwähnte Ausnahme. Wir sind glücklich, unsere Bücherkunden sind glücklich, aber sie vergessen ihr Glück mit der Welt zu teilen und so uns ein bisschen zu helfen. Bitte, bitte hinterlasst doch eine Bewertung auf Google Maps und Co. Die Welt braucht eure Geschichten und wir als Geschäftsleute Aufmerksamkeit.